Wo über das Grundeinkommen diskutiert wird, werden immer wieder Annahmen über das Grundeinkommen aufgestellt oder Falschverstandenes weitergegeben. Wir räumen mit den häufigsten Missverständnissen zum Grundeinkommen auf - und verraten am Ende auch zwei Wahrheiten.
5 Missverständnisse zum Grundeinkommen
„Grundeinkommen gibt Geld an Menschen, die es nicht brauchen.“
Grundeinkommen ist keine zusätzliche Geldsumme, sondern lediglich ein bedingungsloser Vorschuss. Seine Auszahlung knüpft sich gewissermaßen weiterhin an Bedürftigkeit und Einkommen, nur eben nachträglich. Denn Vielverdiener*innen bekommen das Grundeinkommen in Form von Steuern wieder abgezogen. Das Geld behalten am Ende also nur diejenigen, die es auch brauchen.
„Spanien und Italien haben jetzt Grundeinkommen eingeführt.“
Durch Übersetzungsfehler hat sich in den letzten Jahren der Begriff Grundeinkommen für das eingeschlichen, was eigentlich eine Grundsicherung ist. Was in Italien dauerhaft und in Spanien während der Corona-Krise eingeführt wurde, ist eine Sozialhilfe auf niedrigem Niveau mit Zugangsbeschränkungen und Sanktionen.
„Mit Grundeinkommen wird alles teurer!“
Da Grundeinkommen kein zusätzliches Geld ist, erzeugt es keine Inflation. Dennoch könnten sich einige Preise erhöhen, weil sich z.B. Angestellte in schlecht bezahlten Branchen mit miesen Arbeitsbedingungen nicht mehr ausbeuten lassen müssten. Hier könnten die Löhne steigen und damit die Produkte teurer werden.
„Arbeit muss sich lohnen.“
Viele Erwerbstätige haben heute schon weniger Geld zur Verfügung, als Menschen, die nicht arbeiten. Der Niedriglohnsektor wächst beständig. Und wer einmal Transferleistungen erhält, darf nur wenig hinzuverdienen und hat deswegen keinen Anreiz, daran etwas zu ändern. Beim Grundeinkommen ist das anders: Alle haben genug und wer arbeitet, hat mehr.
„In Berlin wurde das Grundeinkommen schon getestet.“
Der Berliner Senat entschied sich 2019 für ein Pilotprojekt eines „solidarischen Grundeinkommens“. Darin werden 1.000 Langzeitarbeitslose in staatlich finanzierte Jobs vermittelt. Es hat insofern nichts mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen gemein, sondern eher mit einer Neuauflage von Ein-Euro-Jobs.
4 Annahmen zum Grundeinkommen
„Hartz IV ist doch schon ein Grundeinkommen.“
Ja, aber es ist nicht bedingungslos, denn wenn man sich nicht regelkonform verhält, wird das Existenzminimum zum Teil bis auf Null gekürzt. Auch ist Hartz IV nicht voraussetzungslos: Nur wer seine Bedürftigkeit vorab nachweist, erhält es. Von der Höhe ist der Hartz-IV-Regelsatz (446 Euro) plus Miete ( ≈ 400 Euro) plus Krankenkasse (≈ 345 Euro) auf Grundeinkommensniveau.
„Grundeinkommen ist nicht finanzierbar.“
Das Grundeinkommen ist ein monatlicher Liquiditätsvorschuss, den nur diejenigen nicht über Steuern zurückzahlen, die es nicht können. Den meisten Menschen in Deutschland stehen auch ohne Grundeinkommen über 1.200 Euro im Monat zur Verfügung. Alle anderen erhalten wie bisher „Sozialhilfe“ – nur eben in Form des Grundeinkommens, das sie nicht zurückzahlen müssen.
„Es gibt doch schon Grundrente, Elterngeld, ALG 1, Kindergeld.“
Bereits heute lebt die Hälfte aller Menschen in Deutschland von privaten oder öffentlichen Transferleistungen, während die andere Hälfte erwerbsarbeiten geht. Warum gewähren wir denen, die leisten wollen und können, nicht auch die Garantie eines gesicherten Auskommens? Warum ist das an Alter, Elternschaft oder Arbeitslosigkeit gekoppelt – und kein Grundrecht?
„Grundeinkommen schafft den Sozialstaat ab.“
Kein Grundeinkommens-Modell möchte den Sozialstaat abschaffen, denn natürlich gäbe es auch mit Grundeinkommen Menschen, die mehr als 1.200 Euro benötigen, braucht es Weiterbildungsmaßnahmen, Familienhilfe und Kinderbetreuung. Es könnte aber komplizierte Geldtransfers ersetzen, etwa BAföG, Hartz IV, Arbeitslosengeld, Grundrente, Kindergeld, Elterngeld, Gründungszuschuss und zum Teil auch Rente.
2 Wahrheiten zum Grundeinkommen
„Grundeinkommen ist kein Heilsversprechen.“
Ein Grundeinkommen löst nicht alle unsere Probleme, sondern will uns in die Lage versetzen, sie selbst zu lösen. Das Grundeinkommen selbst hat keine Ideologie und liefert keine Antworten. Es schafft vielmehr die Möglichkeiten und die individuelle Freiheit etwas zu verändern.
„Grundeinkommen heißt nicht mehr Geld, sondern mehr Sicherheit.“
Zwar bekommen erst einmal alle mehr Geld pro Monat – 1.200 Euro – , doch anders als in Studie 1 des Pilotprojekts, müssten bei einem echten Grundeinkommen auch alle mehr Steuern zahlen als heute. Im Ergebnis bliebe dann für die meisten Menschen das Einkommen ungefähr gleich. Einen Effekt hat dieses Zahlenspiel trotzdem: Die psychologische Sicherheit für alle.
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